Um zu verstehen, wie deutsche Waffen in Krisen- und Kriegsgebiete gelangen und wer dabei inwieweit Verantwortung trägt, ist ein Blick auf den Genehmigungsprozess von Rüstungsexporten unumgänglich. Der BDSV (Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie) unterscheidet hierbei drei wesentliche Fragen:
Das folgende Schaubild soll diese Fragen anhand eines fiktiven Beispieles verbinden und veranschaulichen.
Es geht um eine Lieferung von 10000 Sturmgewehren des Unternehmens XY an Saudi-Arabien. Es handelt sich somit um einen Antrag auf Export von Kriegswaffen an einen Drittstaat.
Rüstungsunternehmen XY stellt
Die Ausfuhrliste umfasst alle genehmigungspflichtigen Güter, inklusive der Dual-Use Güter, Rüstungsgüter und Kriegswaffen.
Die Anfrage wird nach der
AUSFUHRLISTE
unterschieden zwischen:
Kriegswaffen zählen selbstverständlich auch zu Rüstungsgütern, werden aber gesondert behandelt. Das Kriegswaffenkontrollgesetz versteht unter Kriegswaffen alle Waffen, die tatsächlich zur Kriegsführung eingesetzt werden. Eine Kriegswaffenliste gibt preis, welche Waffen in die in diese Kategorie fallen.
Unter Rüstungsgütern werden alle Güter erfasst, die vorrangig und auch ausnahmslos militärischer Verwendung dienen. Natürlich zählen hierzu nicht nur tödliche Waffen, sondern militärisches Material, wie Lastkraftwagen mit Tarnanstrich, Uniformen, aber auch Funkgeräte und Radarsysteme.
Dual-Use Güter wiederum sind Güter, die ursprünglich für zivile Zwecke produziert wurden, aber auch im militärischen Bereich ihren Einsatz finden, wie beispielsweise Sensoren und Laser oder elektronische Navigationsgeräte für die Luftfahrt.
Diese Güter sind – auch wenn sie militärisch und folglich auch in Kriegen eingesetzt werden nicht genehmigungspflichtig – es sei denn, deren militärische Verwendung ist von besonderer strategischer Bedeutung, oder sie könnten zur Entwicklung und Herstellung von Massenvernichtungswaffen dienen.
Bleibt die Frage offen, ob die entscheidenden Beamten des BAFA die Kompetenzen besitzen, solche Güter sondieren zu können, oder ob sie sich einzig und allein auf die Ausfuhrliste konzentrieren.
Bei Ausfuhr an EU‑, NATO- oder NATO-gleichgestellte Staaten:
Bei einem Genehmigungsprozess für den Export von Kriegswaffen ist das Bundesministerium für Wirtschaft zuständig, welches höher gestellt ist als das BAFA. Je nach Empfängerland kann der Genehmigungsprozess einen unterschiedlichen Weg nehmen. Werden Kriegswaffen an NATO‑, EU‑, oder NATO-gleichgestellte Länder exportiert, entscheidet das Wirtschaftsministerium fast ausschliesslich allein.
Sind Dual-Use Güter tatsächlich genehmigungspflichtig, wird ein Antrag auf Exportgenehmigung an das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) gestellt, welches in aller Regel innerhalb seines Ermessensspielraums selbstständig entscheidet. Sollte der Antrag jedoch von größerer politischer Tragweite sein, so leitet ihn das BAFA unter Umständen an weitere Instanzen wie das Auswärtige Amt oder an das Bundesministerium für Verteidigung weiter.
Bei Ausfuhr an Drittstaaten:
Handelt es sich jedoch um ein Drittland, sind von Anfang an das Wirtschaftsministerium, das Auswärtige Amt und das Bundesministerium für Verteidigung gleichermaßen beteiligt. Wobei das Wirtschaftsministerium maßgeblich verantwortlich ist und die Abstimmung zwischen den drei Ministerien koordiniert.
Sollte ein Antrag von größerer politischer Tragweite sein, so leitet ihn das BAFA unter Umständen an weitere Instanzen wie das Auswärtige Amt oder das Bundesministerium für Verteidigung weiter.
Kann bei beiden Genehmigungsprozessen innerhalb der Ministerien keine Einigkeit erzielt werden, berät in letzter Instanz der Bundessicherheitsrat und spricht anschließend eine Empfehlung aus. Die geheimen Tagungen des BSR finden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt und sind der öffentlichen Kontrolle komplett entzogen. Dadurch entstehen oft Unklarheiten über seine genauen Aufgaben und Aktivitäten.
Das Kriegswaffenkontrollgesetz regelt somit den gesetzlichen Rahmen für den Handel, den Transport aber auch die Herstellung von Kriegswaffen. Jeder Export bedarf einer Genehmigung des Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi).
Es legt in § 6 unter anderem fest, dass das BMWi Exporte verbieten muss, wenn:
»[…] die Gefahr besteht, dass die gelieferten Waffen, bei einer friedensstörenden Handlung, insbesondere bei einem Angriffskrieg verwendet werden.«Da dem Wortlaut nicht zu entnehmen ist, dass es grundsätzlich verboten ist, wird sich daran auch nur bedingt gehalten. Dem Wirtschaftsministerium soll somit ein Ermessensspielraum bei den Entscheidungen ermöglicht werden. Jedoch schreiben die Politischen Grundsätze darin vor, wie bei Einzel- und Ausnahmefällen die Entscheidung abzuwägen ist.
AWG
Fällt die Exportanfrage nicht unter das Kriegswaffenkontrollgesetz greift automatisch das Außenwirtschaftsgesetz. Da es den gesamten Außenhandel Deutschlands regelt, fällt darunter selbstverständlich auch der Rüstungsexport. Es gilt hierbei als Regelwerk für den Export von sonstigen Rüstungsgütern und Dual-Use Gütern.
AWV
Die Verordnung zur Durchführung des Außenwirtschaftsgesetzes (kurz Außenwirtschaftsverordnung) setzt das AWG um.
Die Ausfuhrliste umfasst alle genehmigungspflichtigen Güter, inklusive der Dual-Use Güter, Rüstungsgüter und Kriegswaffen.
Nicht zuletzt ist in den Politischen Grundsätzen festgeschrieben, dass dem Empfängerland vorgeschrieben wird, den Endverbleib der Waffen sicherzustellen. Ohne diese schriftliche Zusicherung erfolgt in der Regel keine Lieferung.
Zudem gibt es ein Reexportverbot mit Erlaubnisvorbehalt, was bedeutet, dass die Empfängerländer nur mit schriftlicher Einverständnis der Bundesregierung an dritte Länder weiter exportieren dürfen.
Leider ist die Endverbleibserklärung nicht nur ziemlich lückenhaft, der Endverbleib wird zudem so gut wie gar nicht kontrolliert. Die Regierung stützt sich in der Regel auf die Eigenverantwortung der Empfänger. Wie in den konkreten Fällen von Mexiko oder Saudi-Arabien beschrieben (mehr), tauchen Waffen deshalb doch vermehrt in Ländern und Konfliktregionen auf, in denen sie eigentlich nichts zu suchen haben.