Seit Jahrzehnten gehört die Bundesrepublik Deutschland mit Frankreich und den USA zu den wichtigsten Rüstungslieferanten Griechenlands. Schon seit den 60er Jahren erfolgten von Deutschland zahlreiche Rüstungstransfers an die Halbinsel. Auch wenn ursprünglich überwiegend alte Bestände der Bundeswehr geliefert wurden, ist Griechenland heute mit nahezu dem gesamten Spektrum deutscher Rüstungsproduktion ausgestattet. In den vergangenen 15 Jahren wurden Rüstungsgüter im Wert von mehr als 11 Mrd. US$ importiert, davon ca. 2,6 Mrd. US$ aus Deutschland. So war Griechenland in den letzten 5 Jahren drittgrößter Importeur deutscher Waffen, in den Jahren 2005 bis 2009 rangierte es sogar auf Platz 5 der Liste der größten Rüstungsimporteure weltweit. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt gehören die Rüstungsausgaben Griechenlands mit 3,1% zu den höchsten Europas und der NATO.
Nun vertragen sich die Milliardenausgaben für Rüstung nur wenig mit der Lage der griechischen Staatsfinanzen. Denn die griechischen Staatsschulden betragen, laut Ameco*, inzwischen über 330 Mrd. €.
Aber wie sind derartig hohe Militärausgaben bei solch immensen Staatsschulden zu erklären? Mitunter ist der hohe Rüstungsetat auf das Spannungsverhältnis mit der Türkei zurückzuführen. Seit des Zypernkonfliktes herrscht zwischen den beiden Staaten eine Art Kalter Krieg und ein daraus resultierender Rüstungswettlauf. Deutschland feuert dabei den Konflikt durch Waffenlieferungen an beide Parteien weiter an. Sobald deutsche Waffen an eines der beiden Länder geliefert wurden, ging unmittelbar darauf eine Bestellung der anderen Seite ein. Am Beispiel der U‑Boot Lieferungen des Typs A209 und A214 lässt sich dieser unlängst ausgeuferte Rüstungswettlauf deutlich erkennen.
4 U‑Boote Type-209/1100 1967 1971–1972
3 U‑Boote Type-209/1200 1972 1975–1978
3 U‑Boote Type-209/1200 1974 1981–1990
4 U‑Boote Type-209/1200 1975 1979–1980
2 U‑Boote Type-209/1400 1987 1994–1995
2 U‑Boote Type-209/1400 1993 1998–1999
4 U‑Boote Type-209/1400 1998 2005–2007
1 U‑Boot Type-209/1200 2002 2014
1 U‑Boot Type-214 2000 2010
1 U‑Boot Type-214 2002 2015
6 U‑Boote Type-214 2011
Griechenland hat in Relation die größte Armee Europas. Um das Ausmaß der griechischen Hochrüstung nachvollziehen zu können hilft nur ein Vergleich. Das Land unterhält bei einer Einwohnerzahl von 11 Mio. eine Armee von ungefähr 130.000 Soldaten und 1.600 Panzern.
Deutschlands Armee hingegen umfasst rund 180.000 Soldaten bei einer Einwohnerzahl von etwa 81 Millionen. Um griechischen Verhältnissen zu entsprechen müsste Deutschland auf 1,4 Millionen Soldaten und 10.000 Panzer aufrüsten.
[rev_slider alias="Textslider2"]
Saudi Arabien ist ein Staat, der nach wie vor zu den autoritärsten der Welt gehört. Die Menschenrechtslage ist alarmierend schlecht, denn neben den immer wiederkehrenden Missachtungen von elementaren Menschen- und Bürgerrechte, werden Frauen als Bürger zweiter Klasse gesehen und Homosexuelle diskriminiert und verurteilt. Folter und Todesurteile sind an der Tagesordnung. Allein im letzten Jahr wurden 175 Menschen hingerichtet. Aktuell ließ König Salman 47 Männer grausam mit dem Schwert enthaupten, darunter auch der schiitische Geistliche Nimr Baqir al-Nimr. Er hatte Proteste gegen das saudische Herrscherhaus in seiner Heimatregion organisiert.
Dennoch ist Saudi-Arabien einer der wichtigsten Wirtschaftspartner Deutschlands. Auch im Rüstungsbereich ist es eines der wichtigsten Zulieferländer. Im Zeitraum 2010–2014 wurden laut SIPRI mit Rüstungsexporten knapp 291 Mio. USD verdient. Auch wenn die Geschäfte mit Kleinwaffen und die Lieferung von mehreren hundert Leopard-Panzer vorerst gestoppt wurden, verdoppelten sich die Ausfuhren für Rüstungsgüter im ersten Halbjahr 2015 zum Jahr zuvor. Damit ist Saudi-Arabien nach Großbritannien und Israel 2015 der drittgrößte Abnehmer deutscher Waffen. Genehmigt wurden unter anderem Geländefahrzeuge, Übungsdrohnen für das Training von Kampfpiloten, sowie Teile für gepanzerte Fahrzeuge und Kampfflugzeuge.
In den vergangen Jahrzehnten gab es vermehrt Berichte über deutsche Waffen, die in Bürgerkriegen auftauchten, wie im Fall der eingesetzten G3 und G36-Gewehre im Jemen. Deren Herkunft wird aus dem benachbarten Saudi-Arabien vermutet. Seit 1969 wird dort das G3 von Heckler & Koch in Lizenz produziert. 2008 genehmigte die Bundesregierung schließlich auch die Lizenzproduktion des Nachfolgemodells G36. Zwar darf das Land in Lizenz für den Eigenbedarf produzieren, jedoch nur mit Zustimmung der Bundesregierung weiterexportieren. Nun führt der Wüstenstaat die arabische Koalition und belieferte sunnitische Milizen im Jemen mit Waffen. Auch deutsche Waffen.
Nun musste die Bundesregierung kürzlich einräumen, dass die Endverbleibskontrolle der Lizenzwaffen nicht möglich sei. So gibt es zwar eine Erklärung des saudischen Königshauses, dass man die Waffen nur selbst nutze, für eine Kontrolle vor Ort fehlt jedoch die Genehmigung.
Mit restriktiver Rüstungsexportpolitik hat das im Beispiel Saudi-Arabien wenig zu tun.
TOP LIEFERANT USA
DEUTSCHLAND
Ist Mexiko ein zuverlässiger Vertragspartner? Diese Frage kann bei der Betrachtung des Fallbeispiels der Waffenlieferungen der G36 von Heckler & Koch und der darauffolgenden Lizenzvergabe und Technologietransfers durchaus gestellt werden. Die mexikanische Armee »Sedena« zählt laut José Francisco Gallardo Rodriguez, einem ehemaligen General, zu den korruptesten Institutionen des Landes. So handelt es sich um eine Einrichtung, die nicht nur wenig transparent ist, sondern auch belegbar Menschenrechte verletzt. Zudem betreut diese Institution auch Polizeiaufgaben. Nun herrscht in Mexiko seit langem ein Drogenkrieg, der neben 70000 Todesopfern auch staatliche Willkür, Folter und korrupte Polizei zu Tage fördert. Begleitet wird der Krieg von deutschen Waffen, wie dem G3, der MP5 und nun auch dem G36 des Oberndorfer Unternehmen Heckler & Koch.
G36 Lieferungen in Unruheprovinzen
Im Jahre 2006 wurde dem Exportantrag von Heckler & Koch für das G36 vom Auswärtigen Amt zugestimmt, unter der Bedingung vier Unruheprovinzen auszuklammern. Provinzen in denen der Drogenkrieg nachweislich im vollen Gange war und regelmäßig Menschenrechtsverletzungen begangen wurden.
Heckler & Koch liefert also die Waffen, aber sie dürfen nicht in diese Provinzen gelangen. Ein absurder Irrglaube, die korrupte Polizei würde mit diesen Waffen nicht in diese Provinzen vordringen. Das mexikanische Verteidigungsministerium weist hingegen alle Vorwürfe zurück und wundert sich über scheinbare Auflagen der Bundesregierung und bestätigt unverblümt das knapp die Hälfte der Gewehre in die verbotenen Provinzen geliefert wurden. Wie ist das möglich? Als sich im Jahre 2010 ein Mitarbeiter des Herstellers Heckler & Koch verzweifelt an den Rüstungsgegner Jürgen Grässlin wendet, der Handel mit Mexiko würde höchst illegal ablaufen, erstellt dieser Strafanzeige gegen das Unternehmen. Es kommt zu Hausdurchsuchungen in Oberndorf und Befragungen der Mitarbeiter. Kurze Zeit später reagiert Heckler & Koch plötzlich und entlässt zwei Mitarbeiter. Sie werden unter die alleinige Verantwortung gestellt, die Lieferungen in die verbotenen Provinzen in die Wege geleitet zu haben. Allerdings findet die Staatsanwaltschaft Stuttgart Abrechnungen, Hotelrechnungen und Flüge in diese Provinzen und bestätigt somit, dass die Unternehmensführung vom Ablauf der Geschäfte sehr wohl in Kenntnis gesetzt worden ist. Die betroffenen Mitarbeiter klagten daraufhin gegen ihre Entlassung und erhielten Recht. Nach dem am 15. Januar 2014 verkündeten Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg muss Heckler & Koch die beiden Mitarbeiter nun wieder einstellen.
Zudem vermerkte die mexikanische Polizei damals den Eingang von 9652 G36-Sturmgewehren, 942 mehr als in Deutschland tatsächlich genehmigt wurden. Als wäre das nicht genug Beweis für einen korrupten Vorgang in diesem Waffendeal, kamen schon Jahre später die ersten Anfragen für Ersatzteile aus genau den vier verbotenen Unruheprovinzen. Der Grund dafür ist offensichtlich, denn durch den häufigen Einsatz zeigten die Waffen schon die ersten Verschleißerscheinungen.
Lizenzvergabe und FX05
Jahre nach dem Waffendeal mit Heckler & Koch bestand seitens der mexikanischen Regierung Interesse, das G36 in Lizenz zu produzieren. So wurde nach jahrelangen Verhandlungen letztlich vereinbart, dass Mexiko 30.000 G36 nachbauen dürfe. Die Kosten dafür: 63 Mio. € für »Materialkosten, Maschinen und Spezialwerkzeug, Honorarkosten für Techniker von HK und Technologietransfer, wie es aus einer Antwort der mexikanischen Regierung zu hören war. Doch der Deal platzte. Der Grund dafür wurde von beiden Seiten nicht bekannt gegeben.
2005 wurde dann das mexikanische FX-05 vorgestellt, welches dem G36 in Aussehen und Technik verdächtig ähnelt. Die Mexikaner behaupten, sie hätten es ohne die Deutschen entwickelt und Heckler & Koch gibt sich empört, verzichtet jedoch bis heute auf eine Anklage bezüglich Patentverstößen.
Schlussendlich wurde anhand des Abschlussberichtes des Kölner Zollkriminalamtes (ZKA) im Mai 2015 bekannt, dass das Unternehmen 4767 G36 ohne Genehmigung in die verbotenen Bundesstaaten geliefert haben soll.
Ganz egal wie das Verfahren ausgeht und wer letzten Endes zur Rechenschaft gezogen wird, eines bleibt: Die Möglichkeit der Massenproduktion eines der gefährlichsten Sturmgewehre der Welt in einem Land, dass damit regelmäßig Menschenrechte verletzt.